In seiner Sitzung am 12.12.2024 hat der Ilmenauer Stadtrat dem Haushalt 2025 zugestimmt. Für unsere Fraktion BürgerBündnisGrün-SPD sprach der Fraktionsvorsitzende Julian Wüster (SPD). Außerdem in ihrer Eigenschaft als Ausschussvorsitzende des Kultur- und Sportausschusses Tina Wittrich (Bürgerbündnis) und in seiner Eigenschaft als Ortsteilbürgermeister von Stützerbach Frank Juffa (SPD). Lesen Sie hier die Haushaltsrede unserer Stadtratsfraktion nach:
Liebe Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt Ilmenau, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Stadtrats, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Frau Bürgermeisterin (herzlichen Glückwunsch zur Wiederwahl), Mitglieder der Stadtverwaltung, Vertreterinnen und Vertreter der Ortsteile, Beauftragte, Beiräte, Presse und Gäste!
Unsere Fraktion BürgerBündnisGrün-SPD möchte Sie in den nächsten knapp 90 Minuten mitnehmen auf eine Abenteuerreise durch die Höhen und Untiefen des Haushalts, wir werden gemeinsam die höchsten Berge erklimmen und in die tiefsten Täler hinabsteigen und wir wollen erkunden, welchen Weg die Stadt Ilmenau einschlägt und welchen Sie darüber hinaus einschlagen sollte.
Wissen Sie, jede gute Geschichte braucht einen Antagonisten. Vielleicht ist das hier dann eine langweilige Geschichte, denn ich kann den Antagonisten nicht wirklich finden. Die AfD führt ihren Kampf gegen Windmühlen ja nicht nur im wörtlichen, sondern auch im übertragenen Sinne fort, Ansätze für einen solchen selbst geschaffenen Gegner habe ich bei Herrn Dietrich gehört; der Bund, Wärmeplanung, autonomes Fahren, Terminal M etc. pp.
Versuchen wir es doch stattdessen greifbarer mit dem Versuch der Heraufbeschwörung einer echten Antagonistin: Der Kreisumlage. Das sieht ja erst mal in so einem Haushalt der Stadt furchtbar aus, größter Einzel-Posten im Verwaltungshaushalt, über 20 Mio Euro. Darüber wird ja auch in den vergangenen Jahren sowohl im Kreistag als auch in den einzelnen Gemeinde erbittert, aber eben auch häufig unehrlich gestritten. Ich plädiere auf eine von allen Seiten aus ehrlich geführte Debatte und kein populistisches Gerede, hier appelliere ich auch an die hier anwesenden Kreistagsmitglieder. Klar, das ist ein Riesenhaufen Geld, den die Stadt abführt und die Höhe kann und muss Gegenstand von Verhandlungen sein. Aber lassen Sie uns nie so tun, als ob wir davon nichts hätten. Schauen wir uns beispielsweise genau an, welche Vorteile unsere Stadt vom neuen Nahverkehrskonzept davontragen wird. Führen wir immer ehrliche, sachliche Debatten und faire Verhandlungen.
Weshalb tue ich mich so schwer, einen Antagonisten zu finden? Weil es Ilmenau gut geht. Wirklich gut geht. Weil die Verwaltung, namentlich sei hier Dank an Tommy Melchior und an den Oberbürgermeister stellvertretend für alle ausgesprochen, die diesen Haushalt erstellt haben, einen Haushalt eingebracht hat, der sich sehen lassen kann. Die Stadt Ilmenau investiert enorm, sowohl in der Kernstadt, als auch in den Ortsteilen, und das, ohne einen einzigen Euro Schulden aufzunehmen, bei ohnehin völlig unterdurchschnittlichem Schuldenstand. Nicht, dass es für Investitionen nicht auch sinnvoll sein kann, Kredite aufzunehmen, aber wenn man dies selbst ohne schafft; was mehr kann sich eine Kommune vernünftiger- und angemessenerweise wünschen?
Die Frage ist natürlich: „Wo investieren wir?“: Wir steigen einmal in die Täler, dort finden wir im Vermögenshaushalt die beiden kleinsten Positionen, je 500€ für Anschaffung von Kulturgut für das Museum Jagdhaus Gabelbach und das GoetheStadtMuseum. Und wenn wir von dort aus die Berge des Vermögenshaushalts erklimmen, finden wir rund um den Gipfel das Terminal M, das Stadtentwicklungsareal Fischerhütte, die KiTA in Gehren, das Sportzentrum Langewiesen. Letzteres steht noch als Kultur- und Sportzentrum drin wegen der komplexen Historie um Fördermittel, wir sollten allerdings durchaus noch mal reden, welche Auswirkungen es auch auf andere Bereiche hat, wenn die ursprüngliche Prämisse wegfällt.
Direkt auf dem Nachbargipfel des Verwaltungshaushalts befinden sich abgesehen von der genannten Kreisumlage natürlich die Personalkosten, was uns aber auch erst ermöglicht, überhaupt in einer funktionierenden Stadt zu leben und lassen Sie uns nicht vergessen, dass dazu natürlich auch die Erzieherinnen und Erzieher in den städtischen Kindergärten und -krippen zählen. Wir wollen die beste Betreuung für unsere Kinder und das kostet eben.
Sind sie schon gespannt auf den kleinsten Posten des Verwaltungshaushalts? Es sind über 130 Positionen à 100€ zu finden, ich habe Ihnen mal beispielhaft eine rausgesucht: Der Inklusionsbeauftragte hat eine solche 100€-Position für Ehrungen, Jubiläen und dgl. zur Verfügung. Jetzt ist er heute nicht da, sont hätte ich ihm gesagt, ich sei gespannt auf die nächste Ehrung. So etwas ist wirklich auch wichtig, eine Möglichkeit der Stadt, des Stadtrats und ihrer Beauftragten, Anerkennung und Wertschätzung auszudrücken.
Wir können uns etliches leisten, auch abseits der Großprojekte. Die Kultur- und Sportförderung, die Sozialförderung, nichts davon ist gesunken und sollte es auch nicht. Das gehört nämlich zu den Dingen, die eine Stadt erst wirklich lebenswert macht und vielen ehrenamtlich Aktiven erst ihre Arbeit ermöglicht. So wird unsere Stadt um tolle Veranstaltungen und Projekte bereichert, erst gestern ist der KuKo e.V. mit dem Thüringer Kulturriesen 2024 ausgezeichnet worden, unsere Vereine erhalten landesweite Anerkennung.
Wir sollten unsere Entscheidungen danach ausrichten: Macht das unsere Stadt lebenswerter? Was dient dem sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhalt? Der Bereich „Soziales“ macht ca. 23% des Verwaltungshaushalts aus (Kindergärten inklusive) und das unterstreicht die Wichtigkeit, der wir uns sonst auch immer bewusst sein sollten, noch mal Schwarz auf Weiß.
Die Geburtenraten sinken und wir als Stadt sollten alles dafür tun, attraktiv für Familien zu sein, die zu uns ziehen wollen oder hier gegründet werden, das umfasst ganz viele verschiedenen Dinge, zwei seien mal herausgegriffen, u.a. ein ausreichendes Spielplatzangebot, wir werden einen tollen Spielplatz am Stollen (im Haushalt „Am Gleisdreieck“) bekommen, den ersten inklusiven. Dazu gehört natürlich auch die frühkindliche Bildung und Betreuung mit guten Betreuungszeiten und sozialverträglich gestalteten Beiträgen, hier ist gut abzustimmen mit den freien Trägern. Ich habe eine kleine Tochter, sie kommt im Januar in die KiTa. Wir hatten quasi komplett freie Auswahl, so sehr ist die Auslastung in der letzten Zeit gesunken. Das wird eine größere Aufgabe in den nächsten zwei Jahren, der wir uns bitte alle sachlich widmen werden. Der abgesenkte Betreuungsschlüssel, der natürlich die Qualität der Betreuung sehr erhöht und ab dem 1. Januar greift, hat uns in dieser Hinsicht „gerettet“, sonst hätten wir diese Debatten noch früher geführt haben müssen.
Wir sollten aber auch alles dafür tun, uns um Kinder- und Jugendliche zu kümmern und so ein gutes Umfeld zum Aufwachsen zu bieten und sie auch langfristig an uns, an unsere Stadt zu binden. Das beinhaltet eine umfassende Beteiligung der Jugendlichen und ich freue mich, dass der Kinder- und Jugendbeirat weiter so aktiv ist. Das umfasst die Jugendclubs, die eine große Rolle einnehmen. Wir investieren in das Schatoh und endlich auch den Jugendclub in Langewiesen, aber wir sollten nie vergessen, dass es auch da nicht ohne Personal geht. Eine Stelle konnte nach längerer Vakanz wiederbesetzt werden, aber wir sollten zusätzlich reden über alternative Formate für die Ansprache auch abseits der Jugendclubs, dies ggf. mit Personal untersetzen und auch über die Schaffung von eigenen Treffpunkten. Dieser Themenkomplex beinhaltet außerdem sowohl das Veranstalten als auch das Fördern von Veranstaltungen speziell für Kinder und vor allem auch eigene für Jugendliche.
Das beinhaltet auch sicherzustellen, dass Kinder und Jugendliche mobil sind. Das muss im Mobilitätskonzept der Stadt stets mitgedacht werden. Neben dem ÖPNV, der beim Kreis liegt, sollte auch der Radverkehr verstärkt Beachtung finden, das Radverkehrskonzept ist inzwischen ja auch völlig veraltet. Endlich geht es voran beim Radweg nach Bücheloh, auch der nach Wümbach kommt hoffentlich dann endlich, aber wenn man sich die Summen für Rad- und Fußwegebau inklusive Wanderwege ansieht, inklusive Verbindung nach Bücheloh: 265.000€, da erscheint mir insbesondere im Vergleich zum allgemeinen Straßenbau noch Luft nach oben zu sein, mit dem Ziel, alle Ortsteile mit Radwegen untereinander zu verknüpfen.
Wir brauchen auch attraktive Arbeitsplätze. Wir müssen die Ansiedlung von Unternehmen weiterhin proaktiv unterstützen, es gebietet uns aber auch die Verantwortung, die Möglichkeiten der Kommune auszuschöpfen, dass dort langfristig gesicherte und gut bezahlte, möglichst tarifgebundene Arbeitsplätze entstehen. Auch so wird man als Stadt attraktiv.
Wir werden uns im kommenden Jahr noch mal intensiv mit den Hebesätzen für die Grundsteuer auseinandersetzen. Dass die Hebesätze vorerst gleich bleiben, wird kurzfristig den Unternehmen nützen. Und lassen Sie uns im kommenden Jahr auch eine Bestandsaufnahme machen, ob die Einführung der Grundsteuer C in Ilmenau sinnvoll sein kann.
Eingestellt im Haushalt sind auch Fördermittel zum Klimaschutz. Wir wollen sehr intensiv das Klimaschutzkonzept der Stadt begleiten und wir sollten uns als Kommune auch darüber im Klaren sein, dass Klimaanpassung immer vonnöten und eine Querschnittsaufgabe ist. Das umfasst den Hochwasserschutz (erinnern Sie sich an 2016?), Entsiegelung von Flächen, Erhalt von Bäumen, die neben ökologischer Funktion schließlich auch kühlen und Schatten spenden, Stadtgrün, das Konzept der Schwammstadt, auch Trinkwasserbrunnen, einen haben wir, ein zweiter soll kommen. Dieses Thema in der Verwaltungsspitze mit anzusiedeln stünde der Stadt Ilmenau gut zu Gesicht.
Nun, sind Sie erschöpft von unserer Wanderung durch Täler und über Hügel und Berge?Ich kann Sie beruhigen, unsere Fraktionswanderung ist an der Stelle erst mal zu Ende.
Wir haben ein paar angegangene als auch anzugehende Projekte herausgegriffen und gezeigt, was links und rechts am Wegesrand so alles steht. Und das alles in unter 90 Minuten.
An dieser Stelle nochmals herzlichen Dank an alle Beteiligten und für die guten Diskussionen innerhalb der Fraktion, zu einzelnen Punkten zwischen den Fraktionen und für die Beantwortung aller unserer Fragen durch Tommy Melchior. Die Fraktion BürgerBündnisGrün-SPD stimmt dem Haushalt 2025 zu.