AfD Fraktion Ilmenau will Vereine einschüchtern

Statement der Fraktion BürgerBündnisGrün-SPD im Ilmenauer Stadtrat am 30.01.2025 – Fraktionsvorsitzender Julian Wüster

Vor genau einem Jahr fand in Ilmenau mit 2300 Teilnehmenden eine der wahrscheinlich größten
Demonstrationen seit der Wende statt. Sie trug den Titel „Menschen schützen – Unsere
Demokratie verteidigen.“ Anlass waren die öffentlich gewordenen Massendeportationspläne bei
dem Potsdamer Geheimtreffen, was seither versucht wird, wahlweise abzustreiten oder zu dem
Unwort „Remigration“ umzudeuten. Bezug nahm der Demonstrationsaufruf vor allem auf den
ersten Satz des deutschen Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Dazu
aufgerufen hatte das Bündnis ilmenau.zusammen und mit dazu aufgerufen hatte eine Vielzahl an
Ilmenauer Institutionen, Firmen, Vereinen, Initiativen, sowie hunderte Einzelpersonen, letztlich ein
großer Teil der Ilmenauer Zivilgesellschaft.


Vergangene Woche wurden im Kultur- und Sportausschuss die Kulturfördermittel der Stadt
Ilmenau für das Jahr 2025 vergeben sowie auch zwei Wochen zuvor im Sozial- und
Gleichstellungsausschuss die Sozialfördermittel.

Nun verlegt sich die AfD Fraktion darauf, allen Vereinen, die zur der Demonstration aufgerufen
haben, keine Mittel mehr ausreichen zu wollen. Das hat insbesondere Herr Fiedler in beiden
Ausschüssen deutlich gemacht. Auch auf Facebook hat die Fraktion klar gemacht, dass sie nun für sich als Fraktion all diese Vereine auf eine schwarze Liste gesetzt haben. Da spielen sicherlich auch verletzte Eitelkeiten eine Rolle, so meine persönliche Interpretation. Ganz so wichtig kann es am Ende aber dann doch auch nicht gewesen sein, wenn sich Herr Fiedler vor der Abstimmung aus dem Kulturausschuss verabschiedet und statt
seiner Pflicht als Stadtratsmitglied nachzukommen lieber zu einer Wahlkampfveranstaltung seiner
Partei geht. Das fand merkwürdigerweise keine Erwähnung auf Facebook, aber es gibt ja zum
Glück auch noch die Tageszeitung als unabhängiges Medium.


Der Post vermittelt erst mal den Eindruck, dass sie den Demonstrationsaufruf gar nicht richtig
gelesen hat oder sie hat es und hat ihn entweder nicht verstanden oder nicht verstehen
wollen. Sie ist darin ja noch nicht mal genannt, aber sie fühlt sich offensichtlich gemeint. Der Post
nennt ja noch nicht mal den korrekten Veranstalter. Namentlich greift die AfD-Fraktion dort und in
den Ausschüssen an: Die Kulturelle Koordinierung, das Kleinod, das Akademische Orchester, den
Kammerchor der TU Ilmenau, den Jazzclub, den Kreisjugendring, das Hochschulradio, die
Phantopia, die STÜBAPhilharmonie (bei der nehme ich an, dass Sie sie meinen, vermutlich waren
Sie nicht in der Lage das Logo zu deuten oder gar ordentlich zu recherchieren, Sie kennen den
Verein noch nicht mal (!)), den Bachchor der Jakobuskirche und ja, Sie nennen sogar die Evangelisch-
lutherische Kirchengemeinde St. Jakobus selbst (und schreiben sie dabei falsch). Na, da haben Sie es
ja geschafft, die Kulturszene Ilmenaus quasi als Ganzes anzuklagen. Und dass Sie sogar die
Kirchengemeinde angreifen, das haben Sie sich wohl nicht gut überlegt.


Im Ältestenrat werden wir sicherlich darüber sprechen müssen, den berufen wir hiermit ein. Wir
wollen als Fraktion aber auch öffentlich klar darstellen, was die AfD Fraktion hier tut:
Sie will die Ilmenauer Zivilgesellschaft einschüchtern, verunsichern, sie will sie mundtot machen.
Sie will, dass sich die Vereine, Kirchen, Firmen, Initiativen, Einzelpersonen dreimal fragen, was
vielleicht die AfD dazu denken könnte. Sie will, dass man sich dreimal fragt, ob man jetzt wirklich
jemanden in den Vorstand wählt, den die AfD schon im Visier hat. Sie will vorauseilenden
Gehorsam. Wir wissen, wer hier immer am lautesten tumb „Meinungsfreiheit“ schreit, aber sobald
sie sich gegen das eigene Weltbild richtet, dann regieren sie empfindlich und greifen offensichtlich
zu solchen finsteren Methoden. Sie ist auf Rache aus.


Nicht danach zu entscheiden, wie gut das Projekt ist und wie viel Geld insgesamt vorhanden ist,
sondern danach, ob mir die Nase meines Gegenübers passt und ob ich einen persönlichen Groll
hege, verstößt nicht nur gegen die Förderrichtlinien der Stadt Ilmenau; es ist zutiefst
undemokratisch, denn das bedeutet Willkür und von Willkürherrschaft hat Deutschland wahrlich
genug gehabt.


Dieses Beispiel macht ganz greifbar, was auch konkret in der Kommune passieren würde, hätte
diese Partei eine Mehrheit: Willkür, Einschüchterungsversuche, Schläge gegen die Ilmenauer
Zivilgesellschaft, die Kirchen und die Kulturschaffenden dieser Stadt hätten dann vermutlich
schrecklichen Erfolg.


In Wahrheit schert sich die AfD Fraktion einen Dreck um Ehrenamt und Soziales und Kultur oder
Kirche. Es geht ihr um Gefügigkeit und Gefolgschaft.


Wissen Sie, was dieses Vorgehen wirklich auch dem allerletzten Ilmenauer und der allerletzten
Ilmenauerin klar macht?
In einer Willkürgesellschaft ist nichts und niemand sicher, die AfD macht nicht Halt. Niemand ist
sicher in einer Welt, so wie sich die AfD sie vorstellt. Morgen könnten Sie dran sein.